Vor Grundlegung der Welt

Rolf Müller

Denn in ihm (Jesus Christus) hat er uns erwählt, ehe der Welt Grund gelegt war, dass wir sollten heilig und unsträflich sein vor ihm; in seiner Liebe hat er uns dazu verordnet, dass wir seine Kinder seien in Jesus Christus nach dem Wohlgefallen seines Willens. (Epheser 1, 4-5).

Gott hat uns in Jesus Christus vor Grundlegung der Welt erwählt. Nicht wir haben ihn, sondern er hat uns erwählt. Diese Aussage ist ein großer Trost für alle Gotteskinder. Es geht um die Gnadenwahl Gottes.

Als ich noch nicht geboren war,
da bist du mir geboren
und hast mich dir zu eigen gar
eh ich dich kannt, erkoren.

(Paul Gerhardt).

Das hat sich Paul Gerhardt nicht ausgedacht, das ist biblische Lehre. Ein anderer Liederdichter, Johann Gottfried Herrmann, drückt es in seinem Lied „Geht hin, ihr gläubigen Gedanken“ so aus:

O Wunderliebe, die mich wählte
vor allem Anbeginn der Welt,
die mich zu ihren Kindern zählte,
für welche sie das Reich bestellt!
O Vaterhand, o Gnadentrieb,
der mich ins Buch des Lebens schrieb!

Die Lehre von der Erwählung ist ein Trost für die Gläubigen. In einer Bibelstunde brachte ein Bruder die These ins Gespräch, Gott, habe die einen zum Heil und die anderen zum Verderben vorherbestimmt. Das ist nicht richtig.

In der Bibel wird nicht gelehrt, dass ein Teil der Menschen von Ewigkeit her zum Verderben bestimmt ist. Die Tatsache, wie es kommt, dass einige selig werden und andere nicht, hat nichts mit der Erwählung zu tun. Die Bibel zeigt den Weg, wie man selig werden kann, erklärt aber nicht, warum viele nicht gerettet werden. Wir wollen nicht spekulieren, sondern uns an die Schrift halten.

Die Lehre von der Erwählung ist für die gläubigen Gotteskinder bestimmt. Es hat keinen Sinn, mit Ungläubigen darüber zu diskutieren. Das Wort von der Erwählung ist ein Geheimnis der Jünger des Herrn. Es verstehen alle, die sein eigen sind. Wer außerhalb von Christus steht, erkennt nur verworrene Linien. Das Geheimnis des Herrn erschließt sich denen, die ihn fürchten.

Außen an der engen Pforte steht: Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid! Und dieses Wort ist ernst gemeint. Jeder soll zum Heiland kommen. Keiner wird abgewiesen. Jesus hat unsere Schuld bezahlt.

Wenn wir durch die enge Pforte gegangen sind, sehen wir innen an der Pforte stehen:

Ich habe dich je und je geliebt, deshalb habe ich dich zu mir gezogen aus lauter Güte! (Jeremia 31,3).

Gott hat uns berufen mit einem heiligen Ruf, nicht nach unseren Werken, sondern nach seinem Vorsatz und der Gnade, die uns gegeben ist in Christus Jesus vor der Zeit der Welt. (2. Timotheus 1,9).

Er hat uns erwählt in Christus, ehe der Welt Grund gelegt war. (Epheser 1,4).

Der alte Mann hat nicht von sich aus Gott gesucht und das Erlösungswerk im Glauben ergriffen. Nein, sondern Gott hat mich ergriffen und gefunden! Es ist ein Wunder der Gnade, dass ich errettet bin. Erbarmung ist es und weiter nichts! Gott gibt die Buße und Gott schenkt den Glauben. Gott hat uns vor Grundlegung der Welt erwählt.

Und doch ist der Mensch dabei. Wir kommen nicht im Schlaf ins Reich Gottes. Es kostet Kampf. Wir werden nicht gegen unseren Willen gerettet. In Philipper 2, 12-13 steht ein bemerkenswertes Wort:

Schaffet, dass ihr selig werdet mit Furcht und Zittern, denn Gott ist es, der in euch wirkt beides, das Wollen und das Vollbringen.

Wie bringen wir das zusammen? Das ist doch ein Widerspruch! Sollen und können wir unsere Seligkeit schaffen? Oder ist es Gott, der sie schafft? Das widerspricht menschlicher Logik. Der alte Mann versteht es so:

Gott wirkt. Er setzt unser Wollen in Bewegung. Er schafft auch das Vollbringen. Darum ist es notwendig, dass wir uns aufmachen und zugreifen. Jetzt, wenn Gott wirkt, ist Gnadenzeit. Das gilt es zu nutzen mit ganzem Ernst, mit Furcht und Zittern.

Wenn Gott nicht wirkt, ist es einem Menschen unmöglich, selig zu werden, dann ist es hoffnungslos. Wenn Gott wirkt, heute, wenn wir seine Stimme hören, schlägt unsere Gnadenstunde. Niemand kann sich dahinter verstecken, dass Gott ihn nicht gerufen hat. Gott ruft jeden, Gott will alle. Gott rufet noch, sollt ich nicht endlich hören? Worauf warte ich eigentlich noch?

Wir müssen wollen, aber Gott wirkt auch das Wollen. Der Glaube ist Gottes Werk, aber der Mensch ist dabei. Wir werden durch Gottes Macht bewahrt durch den Glauben. Wir können uns nicht selber bewahren. Aber wir werden bewahrt.

Werde ich das Ziel erreichen? Ja, weil mich der Herr bewahrt! Es gibt kein heraus gerissen werden aus der Hand des Vaters. Ist das Überheblichkeit? Ist das Anmaßung? Nein, das ist die Verheißung des Vaters. Weder Tod noch Leben können uns scheiden von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist.

Gott ruft uns. Dieser Ruf ist ernst gemeint. Wir dürfen ihm vertrauen. Gott spielt nicht mit uns. Er will nicht den Tod des Sünders, sondern dass er sich bekehre und lebe. Er hat uns erwählt. Er schenkt uns seine Gnade, aber er wirft sie uns nicht hinterher. Wir müssen wollen und kommen.

Mit freundlicher Genehmigung
Autor: Rolf Müller