Der alte Mann und Elia

Rolf Müller

Es gab zu allen Zeiten Menschen, die Gott treu blieben. Menschen, die Gott gehörten und gehorchten. Menschen, die nicht zeitgemäß, sondern schriftgemäß lebten. Menschen, die gegen den Strom der Zeit schwammen und so zur Quelle gelangten.

Ein solcher Mensch war Elia. Inmitten der Gottlosigkeit seiner Zeit war Elia ein Eiferer für das 1. Gebot: „Ich bin der Herr, dein Gott, du sollst keine anderen Götter neben mir haben!“

Elia weigerte sich, den Gott des Pluralismus anzubeten, vor dem heute Millionen die Knie beugen. Elia war nicht für alles Mögliche offen. Er vertrat auch nicht die Meinung, dass jeder nach seiner Fasson selig werden kann.

Der alte Mann ist sicher, dass man Elia heute scharf kritisieren und als intolerant verurteilen würde. Der Name Elia bedeutet: „Der Herr ist Gott allein.“ Das ist auch das Motto seines Lebens. Elia betet, und eine mehrjährige Trockenheit beginnt. Aber die Menschen wachen nicht aus ihrer Gottlosigkeit auf. Sie laufen weiter den Götzen nach.

Sie tun keine Buße. Der alte Mann hat sich vorgestellt, wie das wäre, wenn er das auch könnte. Beten – und es scheint die Sonne. Beten – und es regnet. Beten – und er könnte es auf jemanden hageln lassen. Müssten dann die Menschen nicht zu Gott umkehren?

Elia betete, und es kam eine jahrelange Trockenheit. Aber König Ahab, seine Frau Isebel und das Volk wurden dadurch nicht zur Umkehr gebracht. Im Gegenteil: Der Götzendienst ging munter weiter. Man kann sich das kaum vorstellen, aber ist es nicht auch heute genauso?

Gott möchte die Menschen zu sich ziehen aus lauter Güte. Wenn das nicht klappt, schickt er manchmal Gericht. Aber die meisten Menschen sind blind, taub und verstockt. Sie kehren nicht um.

In Offenbarung 16 berichtet die Bibel von furchtbaren Zorngerichten Gottes, die über die Erde kommen. Tun die Menschen Buße? Nein! „Sie zerbissen ihre Zungen vor Schmerz und lästerten Gott im Himmel um ihrer Schmerzen und Schwären willen und taten nicht Buße für ihre Werke.“ Elia betet. Eine Trockenheit kommt übers Land. Die Menschen kehren nicht um.

Elia erfährt in der Trockenzeit die Macht und Liebe Gottes. Er wird von Gott am Bach Krith versorgt. Das Fleisch lässt ihm Gott buchstäblich „zufliegen“. Als der Bach austrocknet, führt ihn Gott zu einer Witwe. Die hilft ihm trotz eigener Not und wird dafür von Gott gesegnet. Elia bekommt Macht von Gott, den Sohn der Witwe vom Tod zu erwecken.

Den alten Mann berührt immer wieder das dramatische Geschehen um das Gottesurteil auf dem Karmel. Die Baalspriester haben sich eingefunden. Auf der Gegenseite steht Elia, ganz allein. Dem Baal soll geopfert werden. Den Holzstoß soll der wahre Gott entzünden. Das Getue der Baalspriester bewirkt nichts. Jetzt ist Elia dran. Er gießt sogar noch Wasser aufs Holz. Der Gott, dem kein Ding unmöglich ist, lässt den Holzstoß in Flammen aufgehen. Das Volk erkennt, wer der wahre Gott ist. Über die Baalspriester bricht Gericht und Tod herein.

Den alten Mann beeindruckt, wie es dann weitergeht. Elias Gebet wird erhört. Nicht, damit er groß rauskommt. Nicht, damit er gut dasteht. Das kann ja manchmal die Versuchung von Menschen im Reich Gottes sein. Das Anliegen Elias ist: „Erhöre mich, Herr, damit dieses Volk erkennt, dass du, Herr, Gott bist!“ Elia geht es um die Ehre Gottes. Er sagt Ahab und Isebel den Untergang voraus. Elia ist ein Kämpfer! Ein Streiter für Gottes Ehre! Ein Glaubensheld!

Der alte Mann ist verwundert, wie es dann weitergeht. Der eben noch furchtlose Elia ist plötzlich auf der Flucht. Elia ist fix und fertig, er hat die Hosen voll! Er ist am Ende. Elia ist erschöpft, er befindet sich in einer Sackgasse. Isebel hat ihm den Tod angedroht. Elia fällt in ein Loch. Seine Hochstimmung verfliegt. Alles war scheinbar für die Katz. Elia klagt: „Es ist genug, so nimm nun, Herr, meine Seele! Ich bin nicht besser als meine Väter.“

Dem Elia steht´s bis obenhin. Auch dem alten Mann sind solche Momente nicht unbekannt. Die Arbeit im Reich Gottes kann einem manchmal bis obenhin stehen. Alles wächst einem über den Kopf. Es geht über unsere Kraft. Warum schildert die Bibel diese Depression des Elia? Hätte man diesen Zusammenbruch nicht lieber weglassen sollen?

Aber gerade das unterstreicht, dass die Bibel wahr und Gottes Wort ist. Die Bibel verschweigt und beschönigt nichts. Elia wird gezeigt, wie er am Boden ist und sein Feuer zu verlöschen droht. Wie reagiert jetzt Gott? Sagt er, untauglich? Sagt er: „Nicht geeignet für den Dienst?“ Sagt er: „So einen müden, schwachen Propheten kann ich nicht gebrauchen!“? Nein! Gott wendet sich dem Elia zu. Er überlässt ihn nicht seiner Verzweiflung. Er lässt nicht zu, dass der glimmende Docht erlischt und das zerstoßene Rohr zerbricht. Gott tröstet den Elia und bringt ihn wieder auf den rechten Weg. „Steh auf und iss, denn du hast einen weiten Weg vor dir!“ Gott richtet den Elia wieder auf und gibt ihm einen neuen Auftrag.

Das eigentlich Neue ist: Gott lässt den Elia den weiten Weg nicht aus eigener Kraft gehen, sondern er rüstet ihn aus mit Kraft aus der Höhe. Vierzig Tage und vierzig Nächte geht Gott mit ihm.

Erst wenn auch wir einmal ehrlich vor Gott unseren Konkurs erklärt haben, lernen wir die die unermessliche Tiefe und Weite der Gnade Gottes schätzen.

„Lass dir an meiner Gnade genügen, denn meine Kraft ist in den Schwachen mächtig!“

 

Und wollte alles wanken
Und alles bräche ein,
so sollen dein Gedanken
in ihm verwurzelt sein.
Wenn auch von deinen Wänden
der letzte Pfeiler fällt:
Er hat dich doch in Händen,
der alle Himmel hält.

Er wird dich nicht versäumen,
er weiß die rechte Zeit,
wie auch die Wasser schäumen
in wilder Mächtigkeit.
Wenn gleich vor Gischt verschwänden
Der Himmel und die Welt:
Er hat dich doch in Händen,
der alle Himmel hält.

(Gustav Schüler).

 

Mit freundlicher Genehmigung
Autor: Rolf Müller