Der alte Mann und die Einsamkeit

Rolf Müller

 

Es gibt Leute, die schmücken sich mit dem Christsein wie mit einer schmucken Uniform. Sie tragen sie auf  den vielen Gemeindefesten, Großveranstaltungen und Kirchentagen. Das kann erhebend und wunderschön sein. Viele Namenschristen sitzen hinten in der Etappe, weit hinter der Front, wo es ungefährlich ist. Sie feiern und genießen das Leben.

Wer aber Ernst macht mit der Nachfolge Jesu, der findet sich bald an der vordersten Front wieder. Der sitzt in den Erdlöchern, wo ein Kampf nicht mit Fleisch und Blut stattfindet. Da ist es dann vorbei mit Unbeschwertheit und Unver-bindlichkeit. Da geht’s ans Eingemachte.

Der Apostel Paulus bekam das zu spüren. Er schreibt im 2. Timotheusbrief 4, 16-17:

„In meiner ersten Verantwortung stand mir niemand bei, sie verließen mich alle.“

Es gab eine Gerichtsverhand-lung. Da waren die Richter, Soldaten, das Volk. Wo sind die Brüder? Sie werden doch da sein, im Gebet hinter mir stehen? Niemand ist da. Sie haben Angst. Sie wollen nichts zu tun haben mit dem Mann, der seiner Verurteilung entgegen-geht.

Auch der alte Mann kennt ähnliche Situationen. Er stand vor Problemen, wo er Hilfe gebraucht hätte, aber es war niemand da. Manche sind deshalb schon an ihrem Glauben irregeworden.

Paulus rechnete es seinen Brüdern nicht zu. Er kannte die Schwachheit der Menschen. Er wusste, dass der Herr Jesus die schwachen Schafe liebt. Er hatte Verständnis für die Brüder.

Jeder weiß, wieviel Geduld Gott immer wieder mit uns haben muss. Wir müssen uns diese Geduld von Gott auch für die Brüder schenken lassen.

Paulus schreibt: „Niemand stand mir bei, sie verließen mich alle.“ Paulus stand in vorderster Front des Reiches Gottes ganz allein. Wirklich allein? Wie heißt es weiter? „Der Herr aber stand mir bei und stärkte mich.“ Ein Kind Gottes ist auch in schwierigster Lage nicht allein. „Und ob ich schon wanderte im finsteren Tal, fürchte ich kein Unglück, denn du bist bei mir.“ Paulus kann plötzlich inmitten aller Bedrängnis froh das Wort Gottes verkündigen.

Auch uns kann der Herr Jesus Christus diese Freudigkeit schenken. Er hat es schon oft getan. Wir waren manchmal einsam, aber nie allein. Der Herr stand uns bei und stärkte uns.

Das kommt nicht aus uns selber, das schenkt der Herr. Ohne seinen Beistand ist unser Leben ein Missklang. Wir sind wie ein tönendes Erz und wie eine klingende Schelle. Wohlklang und Harmonie klingt anders.  Der alte Mann muss an einen Jugendfreund denken, der das Geigenspiel erlernte. Der damals junge Mann hat ihm beim Üben zugehört. Das klang oft fürchterlich, wenn er so auf seiner Geige herumkratzte. Manchmal nahm der Lehrer die Geige in die Hand und spielte die Passage vor. Das klang wunderbar.

Für uns ist das ein Gleichnis. Solange  wir selber im Leben die erste Geige spielen wollen, wird es nicht besonders schön klingen. Wenn wir dem Herrn Jesus die Lebensgeige zur Verfügung stellen, wird es eine wunderbare Musik werden. Wir dürfen wissen: Wenn Menschen uns verlassen, der Herr steht uns  bei und stärkt uns.

„Du bist bei mir. Das ist mir Kraft und Freude und in Gefahren meine Sicherheit.“

 

Mit freundlicher Genehmigung
Autor: Rolf Müller