Der alte Mann und die Kreuzigung Joh.19,16-30

Rolf Müller

Karfreitag ist ein Trauertag. Für Christen ist er gleichzeitig ein Tag der Freude. Es ist der Tag, an dem Jesus Christus unsere Erlösung vollbracht hat.

Pilatus hatte das Todesurteil über Jesus gesprochen. Geduldig nahm es der Heiland hin. Er legte keine Berufung ein. Er nahm alles aus des Vaters Hand. Man band ihm das Kreuz auf den blutigen Rücken. Er musste das Kreuz tragen, an dem er sterben sollte. In Wirklichkeit war es unser Kreuz. Auf dem Weg brach er erschöpft zusammen. Sie zwangen einen Mann namens Simon, der vom Feld kam, das Kreuz anstelle von Jesus nach Golgatha zu tragen.

Dort bot man Jesus Essig mit Galle vermischt zum Trinken an. Das wies er zurück. Er wollte mit vollem Bewusstsein sterben. Man zog ihm seine Kleider aus. Nur die Dornenkrone musste er behalten. Er wurde auf das Holz gestreckt. Seine Hände und Füße durchbohrten sie mit Nägeln. Dann wurde das Kreuz aufgerichtet. „Allda kreuzigten sie ihn und mit ihm zwei andere auf beiden Seiten.“

Überm Kreuz stand: „Jesus von Nazareth, der Juden König.“ Pilatus hatte diese Inschrift anbringen lassen. Die Juden wollten die Schrift geändert haben, aber Pilatus machte nicht mit. „Was ich geschrieben habe, das habe ich geschrieben!“

Die Kriegsknechte teilten unter sich die Kleider des Herrn. Um sein Gewand, den aus einem Stück genähten Rock, warfen sie das Los. (Psalm 22,19). Eine große Finsternis kam über das Land. „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ „Mich dürstet!“ „Es ist vollbracht!“

Jesus neigte sein Haupt und verschied. Aber er ging nicht aus wie ein Licht. Er sank wie eine Sonne um bald und für immer wieder aufzugehen. Auf die Erniedrigung folgte die Erhöhung. Auf sein Leiden folgte die Herrlichkeit.

Christus musste den Tod leiden. Es ging um die Gerechtigkeit Gottes. Sein Tod gab uns das Leben. Christus wurde am Kreuz ein Fluch für uns. Er wurde es freiwillig. Er nahm unsere Stelle ein. Gott warf alle unsere Sünde auf ihn. Er hat unsere Strafe auf sich genommen. Er hat unsere Schuld bezahlt. Darum ist nichts Verdammliches mehr an denen, die in Christus Jesus sind. Niemand kann sie mehr beschuldigen. Jesus Christus hat unsere Schuld getilgt. Er hat unseren Schuldbrief ans Kreuz geheftet.

Der Vorhang im Tempel zerriss von oben an bis unten aus. Christus hat uns den Weg freigemacht ins Allerheiligste. Der Zugang zum Gnadenthron ist offen. Im Mittelpunkt der Wege Gottes steht das Kreuz. Man kann das Wort Gottes nur verstehen im Licht des Kreuzes. Und man kann das Kreuz nur verstehen im Licht des Wortes Gottes. Das Evangelium ist das Wort vom Kreuz.

 

O Welt, sieh hier dein Leben
am Stamm des Kreuzes schweben,
dein Heil sinkt in den Tod.
Der große Fürst der Ehren
lässt willig sich beschweren
mit Schlägen, Hohn und großem Spott.

Wer hat dich so geschlagen,
mein Heil, und dich mit Plagen
so übel zugericht?
Du bist ja nicht ein Sünder
wie wir und unsre Kinder,
von Übeltaten weißt du nicht.

Ich, ich und meine Sünden,
die sich wie Körnlein finden
des Sandes an dem Meer,
die haben dir erreget,
das Elend, das dich schläget
und deiner schweren Martern Heer.

Ich bin´s, ich sollte büßen,
an Händen und an Füßen
gebunden in der Höll;
die Geißeln und die Banden
und was du ausgestanden,
das hat verdienet meine Seel.

(Paul Gerhardt).

 

Mit freundlicher Genehmigung
Autor: Rolf Müller