Der alte Mann und Gethsemane (Matthäus 26, 36-56)

Rolf Müller

Es ist Nacht. Zwölf Männer betreten den Garten, der Herr Jesus und seine Jünger. Judas fehlt. Er ist unterwegs, seinen Herrn zu verraten.

Der alte Mann liest, dass der Herr Jesus acht seiner Jünger am Tor des Gartens zurücklässt. Nur Petrus, Johannes und Jakobus nimmt er mit. Er bittet sie, mit ihm zu wachen. Aber es dauert gar nicht lange, da fallen ihnen die Augen zu.

Den alten Mann wundert es, dass der harte Kern des Jüngerkreises so schnell einschläft. Während der Herr Jesus zu seinem Vater betet wegen des Kelchs, den er trinken soll, lassen ihn seine vertrautesten Jünger im Stich. Petrus litt ja nicht an zu niedrigem Blutdruck. Er war auch keiner, dem gleich die Augen zufielen, wenn er sich irgendwo niederließ. Aber der Feind Gottes beherrscht das Einschläfern.

Dem alten Mann ist auch schon passiert, dass er beim Gottesdienst, beim Bibellesen und Beten sehr müde geworden ist. Gerade, wenn es um das Zentrum des Glaubens geht, breitet der Feind Erschöpfung und Müdigkeit wie eine Daunendecke über die Jünger aus. Er lässt die Leute Jesu in einen sanften Schlaf fallen.

„Könnt ihr denn nicht eine Stunde mit mir wachen?“ Der Herr Jesus ist in seiner schwersten Stunde ganz allein. Er betet seinen Willen hinein in den Willen des Vaters. Gehorsam nimmt er den Kelch aus Gottes Hand.

Im Kidrontal wird es lebendig. Rußige Fackeln werfen den Schatten dunkler Gestalten auf den Weg. Es ist Judas mit seiner Schar. Ein Kuss ist das verabredete Zeichen. „Den greift!“ Der Herr Jesus geht seinen Mördern entgegen. Die Jünger schlafen nicht mehr. Petrus zieht das Schwert und schlägt zu. Der Herr Jesus hält ihn gebieterisch zurück. Was soll auch schon das Schwert des Petrus helfen können! Eher könnte sich Jesus zwölf Legionen Engel von seinem Vater schicken lassen. Aber das darf ebenso wenig sein wie das Schwert des Petrus. Die Schrift muss erfüllt werden.

Der alte Mann registriert, dass hier noch einmal die Strahlen der göttlichen Macht und Majestät aufleuchten. Jesus würde nicht in der Macht der Häscher sein, wenn er sich nicht freiwillig hinein begäbe. Der Sohn beugt sich im Gehorsam vor dem Willen des Vaters. Das alles geschah, damit erfüllt würden die Schriften der Propheten.

Gott bindet sich an sein Wort. Der Herr Jesus war gehorsam bis zum Tod, ja bis zum Tod am Kreuz. Christus hat die Schrift mit seinem Gehorsam bestätigt. Er hat die Schrift im Feuer seines bitteren Leidens erhärtet. Dieses durchläuterte Wort Gottes haben wir mit der Bibel in Händen. Gott bindet sich an sein Wort. Sein Wort ist verbindlich. Ist uns bewusst, welchen Schatz wir mit dem Wort Gottes haben?

Durch sein Leiden und Sterben hat uns Jesus Christus die Tür geöffnet, die in die Herrlichkeit führt. Wenn wir an ihn glauben, sind wir gerettet. Wenn es um Gnade geht, müssen wir Gethsemane, Golgatha und Ostern vor Augen haben. Die Strafe liegt auf ihm, damit wir Frieden hätten. Durch seine Wunden sind wir geheilt. „Wer Gott ins Herz will sehn, der muss zum Kreuze gehn!“

 

Seht hin, er ist allein im Garten.
Er fürchtet sich in dieser Nacht,
weil Qual und Sterben auf ihn warten
und keiner seiner Freunde wacht.

Du hast die Angst auf dich genommen,
du hast erlebt, wie schwer das ist.
Wenn über uns die Ängste kommen,
dann sei uns nah, Herr Jesus Christ!

Seht hin, sie haben ihn gefunden.
Sie greifen ihn. Er wehrt sich nicht.
Dann führen sie ihn fest gebunden
dorthin, wo man sein Urteil spricht.

Du ließest dich in Bande schlagen,
dass du uns gleich und hilflos bist.
Wenn wir in unsrer Schuld verzagen,
dann mach uns frei, Herr Jesus Christ!

Seht hin, wie sie ihn hart verklagen,
man schlägt und spuckt ihm ins Gesicht
und will von ihm nur Schlechtes sagen.
Und keiner ist, der für ihn spricht!

Wenn wir an andern schuldig werden
und keiner unser Freund mehr ist,
wenn alles uns verklagt auf Erden,
dann sprich für uns, Herr Jesus Christ!

(Friedrich Walz).

 

Mit freundlicher Genehmigung
Autor: Rolf Müller