Der alte Mann und Maria und Martha

Rolf Müller

Jeder Mensch ist ein Original. Wir sind verschieden geprägt. Jeder hat andere Gaben und Fähigkeiten. Das ist gottgewollt. Wir erhalten in der Hinwendung zu Jesus keinen Einheitsmantel.

Der alte Mann sieht das an Maria und Martha in Lukas 10. Maria und Martha sind sehr unterschiedliche Personen. Und doch haben sie auch viel gemeinsam. Beide hatten sie Jesus lieb. Beide dienten sie ihm mit ihren verschiedenen Gaben. Martha mehr praktisch, Maria saß und hörte Jesus zu. Martha ist sachbezogen, Maria ist personenbezogen. Und der Herr Jesus hatte beide Schwestern lieb.

Der alte Mann weiß, dass es nicht immer so unterschiedliche Extreme gibt. Oft ist es auch eine Mischung aus beiden. Wir müssen darauf achten, dass unsere Stärken nicht zu unseren Schwächen werden. Der Maßstab muss Jesus Christus sein und sein Wort.

Der alte Mann kann die Martha gut verstehen. Sie ist frustriert. Es gibt eine Menge zu tun und Maria sitzt nur da. Da kann man schon ärgerlich werden. Das nervt.

Dem alten Mann fällt auf, dass Martha die Maria nicht direkt anspricht. Sie möchte, dass Jesus sich beschwert und Maria tadelt. Es wäre gut für uns, wenn wir mit unseren Anliegen direkt mit den betroffenen Personen reden würden. Das wäre aufrichtiger. Aber es wäre für uns in gewissem Sinn auch unangenehmer. Warum sprechen wir nicht mit dem, den es angeht? Warum reden wir nicht mit ihm?

Martha redet hintenherum. „Herr, kannst du nicht ihr sagen, dass sie mir helfen soll bei der Arbeit? Warum muss ich denn alles alleine machen?“ Martha erwartet, dass Jesus ihr Recht gibt und Maria tadelt. Sie will vom Herrn für ihren Fleiß gelobt werden. Das geschieht auch. „Martha, du hast viel Arbeit und Mühe!“ Der Herr Jesus erkennt das an.

Aber nicht was Menschen tun und meinen, kann unsere Orientierung sein. Der Maßstab ist und bleibt das Wort Gottes. Jesus spricht vom „guten Teil“, das Maria erwählt hat. Das gute Teil ist entscheidend. Bei aller Arbeit für den Herrn, bei allem Praktischen und Nützlichen, dürfen wir das Wichtigste nicht vergessen. Was ist uns wichtig? Der alte Mann fragt sich, ob wir das überhaupt noch können: Zu den Füßen Jesu sitzen und ihm zuhören. Können wir das noch, oder gehen wir in der Hektik und in den Geschäften des Alltags unter? Nehmen wir uns noch die Zeit, auf Gott zu hören, sein Wort zu lesen und mit ihm zu reden? Das gute Teil, das Maria erwählt hat, besteht nicht aus hektischer Aktivität, sondern es ist die Gemeinschaft mit Jesus. Denn wenn wir mit Jesus verbunden sind, klappt es auch mit der Gemeinschaft untereinander. Je näher wir bei Jesus sind, desto näher sind wir uns auch untereinander. Gut, dass wir einander haben. Wohl mir, wenn ich Jesus habe.

 

Wie, dies Eine zu genießen
sich Maria dort befliss,
da sie sich zu Jesu Füßen
voller Andacht niederließ,
ihr Herze entbrannte,
dies einzig zu hören,
was Jesus, ihr Heiland,
sie wollte belehren;
ihr Alles war gänzlich
in Jesus versenkt,
und wurde ihr alles
in Einem geschenkt.

Also ist auch mein Verlangen,
liebster Jesus, nur nach dir;
lass mich treulich an dir hangen,
schenke dich zu eigen mir.
Ob viel auch umkehrten
zum größesten Haufen,
so will ich dir dennoch
in Liebe nachlaufen;
denn dein Wort, o Jesus,
ist Leben und Geist.
Was ist wohl, das man
nicht in Jesus genießt?

Drum, auch Jesus, du alleine
Sollst mein Ein und alles sein.
Prüf, erfahre wie ichs meine,
tilge allen Heuchelschein.
Sieh ob ich auf bösem,
betrüglichem Stege,
und führe mich, Höchster,
auf ewigem Wege;
gib, dass ich nichts achte,
nicht Leben noch Tod,
und Jesus gewinne:
dies Eine ist not.

(Johann Heinrich Schröder).

 

Mit freundlicher Genehmigung
Autor: Rolf Müller