Der alte Mann und die Weltförmigkeit

Rolf Müller

Die Welt dringt heute durch alle Fugen und Ritzen in die christliche Gemeinde ein. Wie lange wird sie sich noch über Wasser halten können? Die Gemeinde, die auf die Welt Einfluss nehmen soll, wird von der Welt beeinflusst. Die Gemeinde hat sich die Vorstellungen der Welt zu Eigen gemacht. Sie unterscheidet sich nicht mehr. Sie lebt ein Christentum, das niemand viel abverlangt. Wenn die Welt einen Schritt auf sie zugeht, hat sie keine Bedenken, sie zu umarmen.

Eine Gemeinde, die mit der Welt Frieden geschlossen hat, ist unfähig, die Welt zu verändern. Die Gegensätze zwischen Welt und Gemeinde kann man nicht einfach ignorieren. Es ist unmöglich, Jesus nachzufolgen ohne der Welt den Rücken zuzukehren. Die Bibel bezeichnet das als Absonderung. Christen unterscheiden sich von der Welt. Sie leben in der Welt, aber gehen nicht in ihr auf.
Das kann man heute nicht mehr erkennen. Die Sünden der Welt finden sich in der Gemeinde wieder. Der alte Mann denkt an Ehescheidung, Materialismus, an Unmoral und Gleichgültigkeit. Offiziell glauben wir, dass Menschen verloren gehen, wenn sie nicht an Jesus Christus glauben. Tatsächlich handeln wir so, als ob das egal sei. Das Licht der Gemeinde ist zu einer flackernden Funzel geworden. Wir handeln, als ob Glaubensgrundsätze unwichtig seien. Das Salz ist geschmacklos geworden.

Oft hört man: Wer bist du, dass du richtest? Wer gibt dir das Recht dazu? Wahrheit ist nicht gefragt. Christliche Denkmuster lösen sich auf. Man vertritt Auffassungen, die im Gegensatz zum Evangelium stehen. Die Wahrheit, sofern es sie noch geben darf, ist die ganz persönliche Meinung. Eine absolute Wahrheit existiert nicht mehr. Es gibt keinen unabhängigen Maßstab für richtig oder falsch.

Man redet nicht mehr von Wahrheit, sondern von Fairness. Die Vorstellung, dass man nur durch Christus erlöst werden kann, ist nicht fair. Keine Gruppierung der Gesellschaft darf diskriminiert werden. Unser Problem ist, dass wir intolerant sind, wo wir tolerant sein sollten und tolerant sind, wo wir intolerant sein müssten. Das Töten ungeborener Menschen berührt uns weniger als Gewalt gegen Tiere. Das Gesetz Gottes kümmert uns weniger als unser Wohl.

Vor einigen Jahren hieß es, dass alle Religionen falsch seien. Heute sagt man, alle Religionen sind richtig. Es gibt verschiedene Wahrheiten. Niemand hat die Wahrheit gepachtet. Auch das Christentum kann keinen Absolutheitsanspruch erheben. Manchen Christen ist es sogar peinlich, an allgemeingültige Wahrheiten zu glauben. Wir tolerieren lieber Fehler, als die Wahrheit zu verteidigen. Wir wollen uns nicht unbeliebt machen.

Einheit ist das Gebot der Stunde. Wir fürchten uns, ein Urteil zu fällen. Wir stehen still daneben, statt den Glauben zu verteidigen. Wenn wir den Irrtum akzeptieren, verlieren wir unsere Glaubwürdigkeit als Christen.

Was sieht die Welt, wenn sie auf die Gemeinde schaut? Die Liebe innerhalb der Gemeinde zieht die Menschen an. Die Heiligkeit innerhalb der Gemeinde verurteilt die Welt. Verwischte Linien zwischen Gemeinde und Welt kosten die Vollmacht. Wir brauchen ein gutes geistliches Unterscheidungsvermögen und Wachsamkeit im Blick auf die Wahrheit.

 

Jesus, hilf siegen, du Fürste des Lebens,
sieh, wie die Finsternis dringet herein,
wie sie ihr höllisches Heer nicht vergebens
mächtig aufführet, mir schädlich zu sein.
Satan, der sinnet auf allerlei Ränke,
wie er mich sichte, verstöre und kränke.

Jesus, hilf siegen und lass mich nicht sinken;
wenn sich die Kräfte der Lügen aufblähn
und mit dem Scheine der Wahrheit sich schminken,
lass doch viel heller dann deine Kraft sehn.
Steh mir zur Rechten, o König und Meister,
lehre mich kämpfen und prüfen die Geister.

(Johann Heinrich Schröder).

 

 

Mit freundlicher Genehmigung
Autor: Rolf Müller