Der alte Mann und der erste Stein (Joh. 8,1-11)

Rolf Müller

Der Herr Jesus hasst die Sünde, aber er liebt den Sünder. Er war im Tempel und lehrte. Die Volksmenge hörte ihm zu. Plötzlich wurde er unterbrochen. Pharisäer und Schriftgelehrte führten eine Frau herein. Sie hatten sie beim Ehebruch ergriffen und stellten sie mitten in die Versammlung. Sie fragten Jesus: „Mose hat im Gesetz geboten, sie zu steinigen. Was sagst du?“

Dem alten Mann ist klar, dass sie Jesus eine Falle stellen wollten. Sie wollten ihn vor dem Volk blamieren. Sie erweckten den Anschein, als seien sie von Eifer für das Gesetz erfüllt. Sie waren Heuchler. Sie führten Honig im Mund, aber ihr Herz war voll Galle. „Das sagten sie aber, ihn zu versuchen, auf dass sie eine Sache gegen ihn hätten.“ Sie wollten Jesus nötigen, entweder gegen das Gesetz oder gegen die römische Obrigkeit Stellung zu beziehen. Hätte er die Frau freigelassen, hätten sie ihm vorgeworfen, das Gesetz zu missachten. Hätte er eingewilligt, die Frau zu steinigen, hätten sie ihn mit der römischen Obrigkeit in Konflikt gebracht. Diese allein hatte das Recht, die Todesstrafe zu verhängen. Alle warteten gespannt, was Jesus antworten würde.

Der alte Mann sieht erstaunt, dass Jesus schweigt. Er bückt sich und schreibt mit dem Finger auf den Boden. Was er schreibt, wird nicht gesagt. Es entsteht eine Stille. Die Ankläger werden unruhig. Was schreibt er denn da? Weiß er keine Antwort? Will er sich nicht festlegen? Sie wiederholen ihre Frage. Jesus richtet sich auf und sagt: „Wer unter euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein auf sie.“ Dann bückt er sich wieder und schreibt.

Der alte Mann staunt über die kluge Antwort Jesu. Er entschuldigt die Sünde nicht. Aber er weist die Ankläger auf ihre eigene Schuld hin. Sie haben kein Recht zur Anklage. Jesus sagt nicht, lasst sie steinigen. Er sagt aber auch nicht, lasst sie laufen. Er verletzt mit seiner Antwort weder Gerechtigkeit noch Barmherzigkeit. Er spricht das Gewissen an.

Der alte Mann lernt daraus, dass man das Böse nicht in Schutz nehmen und gutheißen soll. Finsternis ist immer finster. Aber wir müssen uns hüten, die Sünden anderer ans Licht zu zerren und unsere eigene Schuld zu verheimlichen. Wir sollen keine Steine auf andere werfen, die wir selbst verdient haben. Die Ankläger haben das verstanden. Die Worte Jesu hatten sie getroffen. Sie wurden von ihrem Gewissen überführt. Sie gingen einer nach dem anderen und schlichen sich still davon.

Die Frau blieb allein zurück. Auch sie wurde von ihrem Gewissen überführt. Der Herr Jesus sprach kein Todesurteil über sie. Er erkannte ihre bußfertige Gesinnung. Er will nicht den Tod des Sünders, sondern dass er sich bekehre und lebe. Er ist nicht gekommen zu verderben, sondern zu retten. Er sucht selig zu machen, was verloren ist.

Jesus kennt das Herz dieser Frau. „Wo sind deine Verkläger? Hat dich niemand verdammt?“ „Herr, niemand.“ „So verdamme ich dich auch nicht.“

Die Frau war glücklich über die Vergebung ihrer Schuld. Ihr wurde vergeben auf Grund ihrer bußfertigen Herzenshaltung. Jesus besaß die Macht, auf Erden den Menschen ihre Sünden zu vergeben. Er setzt die Warnung hinzu: „Sündige hinfort nicht mehr.“ Er verurteilt die Sünderin nicht. Er verhilft ihr zu einem neuen Leben. So erbarmt sich der Herr noch immer der armen Sünder, die Buße tun. Er versetzt sie aus dem Tod ins Leben.

Ich blicke voll Beugung und Staunen
hinein in das Meer seiner Gnad
und lausche der Botschaft des Friedens,
die er mir verkündiget hat.

Refrain:
Sein Kreuz bedeckt meine Schuld,
sein Blut macht hell mich und rein.
Mein Wille gehört meinem Gott,
ich traue auf Jesus allein.

Wie lang hab ich mühvoll gerungen,
geseufzt unter Sünde und Schmerz!
Doch als ich mich ihm überlassen,
da strömte sein Fried in mein Herz.

Refrain:
Sein Kreuz bedeckt meine Schuld,
sein Blut macht hell mich und rein.
Mein Wille gehört meinem Gott,
ich traue auf Jesus allein.

(Dora Rappard).

Mit freundlicher Genehmigung
Autor: Rolf Müller