AM Verloren und gefunden

Rolf Müller

Etwas verlieren macht keine Freude. Das tägliche Einerlei macht uns mürbe. Familienkonflikte nerven.
Etwas finden löst Freude aus. Es gibt die Freude des Wiederfindens, des Gefundenwerdens und die Freude des Heimfindens.

Im Kapitel 15 des Lukasevangeliums wird vom verlorenen Schaf, vom verlorenen Groschen und vom verlorenen Sohn berichtet.

Der verlorene Sohn ist nicht mehr zahlungsfähig. Er hat über seine Verhältnisse gelebt. Dieser Sohn hat tausende Nachfolger gefunden in der heutigen Zeit. Er ist in Konkurs gegangen. Er hat keine Zukunft und keine Hoffnung mehr. Er ist bei den Schweinen gelandet.

Ein Israelit und Schweinehirt – das ging gar nicht. Das war eine Unmöglichkeit. Schweine waren nach dem Gesetz unreine Tiere. Der verlorene Sohn war am Ende. Er hätte sich vor Hunger sogar mit Schweinefraß ernährt, aber auch das wurde ihm verwehrt. Tiefer ging es nicht mehr.

Da ging er in sich. Das ist nicht die normale Reaktion, wenn man am Ende ist. Meistens schlagen die Menschen zunächst einmal um sich. Die eigene Schuld zu erkennen und zu bekennen, ist ein schwerer Weg. Der Sohn erkennt seine Verlorenheit. Er kommt zur Besinnung.

Er hat klare Vorstellungen, wie es weitergehen soll. Er will als Tagelöhner bei seinem Vater arbeiten. Tagelöhner waren die billigsten Arbeitskräfte. Sie konnten gerade so ihr Leben fristen. Es bleibt nicht bei den guten Vorsätzen. Der Sohn setzte sie in die Tat um.

Er sagte nicht nur: „Ich will mich aufmachen und zu meinem Vater gehen!“ Er machte sich auf. Das war seine letzte Aktivität. Alles Weitere geschieht durch den Vater.
Das Gleichnis vom verlorenen Sohn geht uns an. Wir müssen umkehren. Wir müssen uns aufmachen und zum Vater gehen. Der Vater wartet auf uns. Er läuft uns entgegen. Er kümmert sich persönlich um uns. Er will uns teilhaben lassen an seinem Reichtum.

Der heimgekehrte Sohn bekommt keine Vorwürfe zu hören. Die hat er sich selber schon zur Genüge gemacht. Er erfährt Liebe und Annahme. Bad, Ring, Gewand, Schuhe – er wird wieder in den Sohnesstand versetzt. Alles wird gut. Es ist keine Rede vom Tagelöhner mehr. Ein Freudenfest wird gefeiert.

Der Bruder, der ältere Sohn, weiß nicht, was eigentlich im Vaterhaus los ist. Er fragt. Er ist verbittert, als er es erfährt. Er ist alles andere als erfreut. Sein Leben besteht aus Leistung. Statt sich mitzufreuen, ergreift ihn Zorn. Er macht dem Vater Vorhaltungen. Er ist im Grunde selbstgerecht, er kennt keine Barmherzigkeit. An der Seite des Vaters hat er ein armseliges, freudloses Leben geführt.

Der Ausgang der Geschichte bleibt offen. Der jüngere Sohn hat sein Verhältnis zum Vater geklärt. Der ältere Sohn ärgert sich nicht nur über den jüngeren, sondern auch über den Vater. Seine Beziehung zum Bruder und zum Vater ist gestört. Er macht dem Vater Vorwürfe. Er glaubt, zu kurz zu kommen.

Der ältere Sohn kann und will nicht am Fest der Freude teilnehmen. Der Neid lässt ihn nicht fröhlich sein. Er bleibt draußen. Der Vater kommt heraus und bittet ihn, hereinzukommen. Es wird nicht gesagt, wie es ausgeht. Wir wissen nur, das Fest findet statt. Es wird Freude sein im Himmel über jeden Sünder, der umkehrt.

So wie ich bin komm ich zu dir.
Herr, dein Erbarmen gilt auch mir.
Du lösest mich aus Schuld und Tod:
So komme ich, mein Herr und Gott.

So wie ich bin – dein Ruf mir gilt.
Du bist, der meinen Hunger stillt,
denn du, Herr, bist das Lebensbrot;
So komme ich, mein Herr und Gott.

So wie ich bin, nimmst du mich an,
gibst meinem Leben Ziel und Plan.
Ich trau der Gnade Angebot:
So komme ich, mein Herr und Gott.

So wie ich bin – du zeigst den Weg,
alles in deine Hand ich leg.
Auch wenn die Angst mich noch bedroht:
So komme ich, mein Herr und Gott.

So wie ich bin – jetzt bin ich dein.
Dir will ich folgen, dir allein,
auch wenn es geht durch Hohn und Spott:
So komme ich, mein Herr und Gott.

(Bodo Hoppe).

 

Mit freundlicher Genehmigung
Autor: Rolf Müller