Klugheit

Rolf Müller

Er war ein „wandelndes Lexikon“. Er wusste in vielen Bereichen Bescheid. Er wusste auf fast alle Fragen eine Antwort. Ihn konnte man um Rat fragen. Er konnte in klug gesetzten Worten Auskunft geben.

Er wusste, warum eine braune Kuh, obwohl sie grünes Gras frisst, weiße Milch gibt und er wusste, wer den Reißverschluss erfunden hat. Er konnte sogar plausibel erklären, warum Ludwig van Beethoven in seiner Klaviersonate Opus 111 keinen dritten Satz komponiert hat.

Er gehörte zu den Neunmalklugen und Siebengescheiten. Er hatte ein außergewöhnliches Gedächtnis und er konnte sich in seiner Muttersprache gekonnt ausdrücken. Man war gern in seiner Nähe und fühlte sich nach einem Gespräch mit ihm bereichert. Was für ein allseitig gebildeter Mensch!

Es gab allerdings einen Punkt, über den man nicht mit ihm reden konnte. Da wich er aus und wechselte das Thema. Darüber wusste er nichts und darüber wollte er auch nichts wissen. Wenn von Jesus Christus und vom Evangelium und über die Ewigkeit gesprochen wurde, hörte man deutlich das Rasseln, mit dem die Rollos in seinem Kopf und in seinem Herzen heruntergelassen wurden. Da schottete er sich ab und igelte sich ein. Da kam man nicht an ihn heran.

Da wurde offenbar, dass er zwar klug, aber nicht weise war. Er wusste über viele Dinge Bescheid, aber über das Wichtigste wusste er nichts. Die Toren sprechen in ihrem Herzen, es ist kein Gott. Wichtiger als die Relativitätstheorie von Albert Einstein erklären zu können, ist es, zu wissen, wo man die Ewigkeit zu bringen wird. Wichtiger als Beethovens Klaviersonaten zu kennen ist es, zu wissen, wer mir meine Schuld vergibt und mein Leben vom Verderben errettet. Wichtiger als ein musikalisches Meisterwerk und eine würdige Rede bei meiner Beerdigung sind die Engel, die mich „in Abrahams Schoß tragen“.

 

Mit freundlicher Genehmigung
Autor: Rolf Müller