Der alte Mann und Maria Magdalena (Joh. 20,1-8)

Rolf Müller

Am dritten Tag frühmorgens ging Maria Magdalena mit anderen Frauen zum Grab. Sie wollten den Leichnam Jesu salben. Sie machten sich Gedanken: „Wer wälzt uns den Stein von des Grabes Tür?“ Als sie näher kamen, sahen sie, dass der große schwere Stein abgewälzt war. Sie erschraken. Das Grab war offen, aber der Leichnam war weg. Die Frauen machten sich erneut Sorgen. „Wer hat den Stein abgewälzt?“ Haben Feinde den Leichnam gestohlen? Haben ihn Freunde heimlich in ein neues Grab gebettet?

Während die anderen Frauen beim Grab blieben und eine Engelerscheinung hatten, war Maria Magdalena allein in die Stadt zurückgeeilt. Sie überbrachte Petrus und Johannes die erschreckende Nachricht: „Sie haben den Herrn weggenommen aus dem Grab und wir wissen nicht, wo sie ihn hingelegt haben.“ Die trauernden Jünger dachten: Auch das noch! Der Leichnam Jesu ist verschwunden!

Augenblicklich verließen sie die Stadt und liefen zum Grab. Alle drei liefen: Petrus, Johannes und Maria Magdalena. Johannes lief am schnellsten. Petrus, der sonst immer der erste war, blieb zurück. Es war, als hätte er Blei in den Gliedern.

Johannes steht vor dem Grab, geht aber nicht hinein. Dann kommt auch Petrus an. Er geht in das Grab hinein. Er sieht die ordentlich zusammengelegten Leinentücher und das besonders abgelegte Schweißtuch. Petrus wundert sich und erkennt: Hier hat Gott seine Hand im Spiel. Johannes sieht und glaubt. Dass Jesus auferstehen würde, war ihnen noch verhüllt. Die beiden Jünger eilten wieder in die Stadt, als wäre nichts geschehen.

Maria Magdalena geht nicht mit. Sie steht weinend am leeren Grab. Plötzlich sieht sie zwei leuchtende Gestalten. Sie stehen dort, zu Häupten und zu Füßen, wo zuvor der Heiland gelegen hatte.
„Weib, was weinst du? Wen suchst du?“ „Sie haben meinen Herrn weggenommen und ich weiß nicht, wo sie ihn hingelegt haben!“ Sie nennt den Gekreuzigten nach wie vor ihren Herrn. Auf einmal steht jemand hinter ihr. Sie dreht sich um und sieht Jesus. Sie erkennt nicht, dass es Jesus ist. Ihre Augen sind gehalten. Sie hält ihn für den Gärtner. „Herr, hast du ihn weggetragen?“ Jesus redet sie an. „Maria!“ Dieses Wort ändert alles. Es fällt ihr wie Schuppen von den Augen. Anbetend will Maria Magdalena die Füße Jesu umfassen. Aber der Herr wehrt ab: „Rühre mich nicht an, denn ich bin noch nicht aufgefahren zu meinem Vater!“

Für den alten Mann ist das ein Geheimnis. So ganz versteht er nicht, warum der Herr hier der Maria Magdalena verbietet, was er wenig später dem Thomas erlaubt.
Maria Magdalena erhält den Auftrag: „Gehe hin zu meinen Brüdern!“ Zum ersten Mal nennt der Herr Jesus seine Jünger „Brüder“. Der Auferstandene schämt sich nicht, sie Brüder zu heißen. Und doch macht er einen Unterschied. Er sagt nicht u n s e r gemeinsamer Gott und Vater. Er sag m e i n Gott und e u e r Gott, m e i n Vater und e u e r Vater. Er ist der ewige natürliche Sohn Gottes, wir sind allein wegen des Verdienstes Christi angenommene Kinder. Maria Magdalena verkündet den Brüdern: „Ich habe den Herrn gesehen!“

 

O herrlicher Tag, o fröhliche Zeit,
da Jesus lebt ohn alles Leid.
Er ist erstanden von dem Tod;
wir sind erlöst aus aller Not.
O herrlicher Tag, o fröhliche Zeit.

O herrlicher Tag, o fröhliche Zeit,
da wir von Sünden sind befreit.
Getilget ist nun unsre Schuld;
wir sind gerecht aus Gottes Huld.
O herrlicher Tag, o fröhliche Zeit.

O herrlicher Tag, o fröhliche Zeit.
Die Liebe Gottes uns erfreut.
Sein heilger Zorn ist nun gestillt;
was er verheißen, ist erfüllt.
O herrlicher Tag, o fröhliche Zeit.

O herrlicher Tag, o fröhliche Zeit.
Der Tod ist überwunden heut.
Es darf uns nicht mehr vor ihm graun;
auf Christi Sieg wir nun vertraun.
O herrlicher Tag, o fröhliche Zeit.

O herrlicher Tag, o fröhliche Zeit.
Erhalt uns, Jesus, diese Freud,
zu sagen hier zu aller Stund
und dort einmal mit selgem Mund:
O herrlicher Tag, o fröhliche Zeit.

(Cyriakus Günther).

 

Mit freundlicher Genehmigung
Autor: Rolf Müller