(Was alles so geschieht)
Rolf Müller
Die Welt ist in Ordnung früh morgens um sieben,
sonst wären wir nämlich im Bette geblieben.
Es ist alles durchwachsen im Freistaat, in Sachsen.
Die Fahrer, die fahren, die Sparer, die sparen.
Die Hunde, die bellen an verschiedenen Stellen.
Die Leute, die braven, die träumen und schlafen.
Die Raufbolde raufen, die Käufer, die kaufen.
Die Vollschlanken fasten, die Eiligen hasten.
Musikfreunde hören, die Anwälte schwören.
Die Jäger jagen, die Träger tragen.
Die Ochsen boxen, die Eulen heulen.
Die Raser rasen, die Hasen blasen.
Die Lehrer lehren, die Besen kehren.
Die Bachstelzen brüten, die Rose treibt Blüten.
Die Hacker hacken, die Bäcker backen.
Minister regieren, Verlierer verlieren, Soldaten marschieren.
Die Wähler gehen wählen, die Wahlhelfer zählen.
Die Zahnärzte ziehen, die Flüchtigen fliehen.
Es nähen die Schneider verschiedene Kleider.
Die Milchkatzen naschen, die Waschfrauen waschen.
Die Strompreise steigen, die Geiger, sie geigen.
Die Dichter dichten, die Richter richten.
Die Nager nagen, die Kläger klagen.
Die Rennläufer rennen, die Brandstifter brennen.
Der Fuchs überwintert, der Klaus ist behindert.
Die Glocken, sie klingen, die Sänger, sie singen.
Die Redner, sie reden, die Beter, sie beten.
Elfriede sitzt im Wintergarten
und muss auf ihre Kinder warten.
Im Park und im Zimmer ist alles wie immer.
Es ist alles durchwachsen im Freistaat, in Sachsen.
Die Amsel singt Lieder, der Frühling kommt wieder.
Die Lerchen frohlochen, Amanda strickt Socken.
Das emsige Treiben ist schwer zu beschreiben,
es dreht sich im Kreise mal laut und mal leise.
Es gaukelt und schaukelt, es schimmert und flimmert,
es flüstert und knistert, es dunkelt und funkelt,
es rasselt und prasselt, es hustet und prustet,
das kreucht und das fleucht, die Luft ist verseucht.
Der Mensch ist verbittert. Es gewittert und zittert.
Geschäfte geschlossen, die Leute verdrossen,
die Nasen verbunden, man hofft, zu gesunden.
Der Urlaub gestrichen, die Freude gewichen,
die Stunden verrinnen, was soll man beginnen
wenn heftige Steuern das Leben verteuern?
Die Jungen, die Alten, die Warmen, die Kalten,
die Weichen, die Reichen,
die Linken, die Flinken,
die Rechten, die Schlechten,
die Menschenfresser und Landvermesser,
die Geldbesessenen und Pflichtvergessenen,
Geplagte, Gejagte,
Verzagte, Betagte,
Geduldige, Schuldige,
Nervöse und Böse,
Niedere und Biedere,
Geborene, Verlorene,
die Würger, die Bürger,
die Flügel, die Flossen,
Parteigenossen
sind glücklich durchwachsen
im Freistaat, in Sachsen.
Mit freundlicher Genehmigung
Autor: Rolf Müller